Achtsamkeit und Meditation – Warum ist das hilfreich?
Achtsamkeitspraxis oder Meditation haben eine positive Wirkung auf unser Denken, unsere Gefühle, Empfindungen und damit auch auf unseren Körper. Warum ich es in meiner Arbeit einsetze, dazu möchte ich dir hier einen kleinen Einblick geben.
Wurzeln im Buddhismus
Die Achtsamkeitspraxis hat ihre Wurzeln in der buddhistischen Lehre, heute ist sie in aller Munde und findet in der Medizin und Psychologie zunehmend Beachtung. Einer der Pioniere, der um die heilende Wirkung der Achtsamkeitspraxis wusste, ist Jon Kabat-Zinn. Er war Professor an der University of Massachusetts Medical School in Worcester. Er lehrte Achtsamkeit, um Menschen zu helfen, besser mit ihren Emotionen wie Angst und anderen Stresssymptomen oder ihren Krankheiten umgehen zu können. Dabei greift er auch auf methodische Elemente aus dem Zen und der buddhistischen Lehre zurück.
Das innere Gefäß
Sowohl in therapeutischen als auch transformativen Prozessen spielt die Kontaktfähigkeit zu uns selbst eine zentrale Rolle. Trauma ist sehr oft begleitet von Symptomen chronischen Stresses und gleicht manchmal einem Pulverfass oder einer Tretmine. Es reichen oft ganz kleine Auslöser, zum Beispiel, wenn sich einer an der Kasse vordrängelt, dass wir in die Luft gehen. Zwischen auslösendem Reiz und der folgenden Reaktion gibt es keine Lücke. Ich möchte an dieser Stelle Viktor Frankl zitieren:
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“
Viktor Frankl war Neurologe und Psychiater und während des Zweiten Weltkriegs in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. Sein bekanntestes Werk dürfte „Trotzdem Ja zum Leben sagen.“ sein.
Dieser innere Raum, von dem Frankl spricht, gleicht einem Gefäß, das entweder weit, stabil und flexibel oder klein, brüchig und starr sein kann. Im letzteren Fall kostet es uns sehr viel Kraft im Alltag, dieses Gefäß zusammenzuhalten. Wir bemerken das daran, dass wir schnell gestresst, erschöpft und müde sind. Gefühle von unbestimmter Angst und Furcht gehen mit einher. Körperlich verspannen wir ebenfalls. Unsere Muskeln und unser Bindegewebe sind verkrampft oder zusammengezogen und führen teilweise zu Nackenbeschwerden oder Rückenproblemen.
Positives Denken reicht nicht aus
Positives Denken oder Willenskraft nützen an der Stelle wenig. Sie haben vielleicht einen kurzfristigen Effekt, laufen langfristig aber oft ins Leere. Deshalb funktioniert das mit den guten Vorsätzen zu Neujahr meist selten. Unser Körper – und damit sind auch bestimmte Gehirnregionen gemeint – hat seine eigenen Regeln und interessiert sich in bestimmten Situationen nicht wirklich dafür, was wir denken. Um also eine tiefe Veränderung herbeizuführen, braucht es unseren Körper als Partner.
Nun ist es so, das unsere erste Reaktion auf unangenehme Gefühle und Empfindungen ist, dass wir sie weg haben wollen. Wenn wir nur wüssten, wo dieses „weg“ ist, dann könnten wir sie einfach dort abladen. Was wir allerdings meist tun, ist sie bewusst oder unbewusst wegzudrücken und damit zu unterdrücken, uns von ihnen abzuschneiden oder um bei dem Beispiel der Tretmine bleiben, wir lassen sie ungefiltert raus. In allen Fällen ist viel energetische Ladung im Körper vorhanden, die entweder nach innen, auf uns oder nach außen, auf andere gerichtet wird. Ein Malheur und Ursache vieler Probleme!
Achtsamkeit als erster Schritt zur Veränderung
Wenn wir Veränderung wünschen und einen Schritt in Richtung dieser Freiheit gehen wollen, von der Frankl spricht, braucht es Achtsamkeit. Achtsamkeit in dem Sinne, dass wir es mit zunehmender Praxis immer besser schaffen, alles, was sich in oder auch außerhalb von uns zeigt, in einem „achtsamen Raum“ erstmal nur da sein lassen können. Wir machen nichts mit unseren Gedanken, Gefühlen oder Körperempfindungen. In einem Übungsfeld lernen wir, das, was sich in und außerhalb von uns zeigt, nicht sofort wegzudrücken, sondern es in uns zu halten.
Folgen von Meditation
Eine gute Übung zur Ausweitung des inneren Gefäßes ist Zazen. Zazen, das Sitzen oder die Meditation in Stille, unterstützt uns, mehr in Kontakt mit unserem spürenden Gewahrsein zu kommen. Wir können besser wahrnehmen, was in uns passiert. Vielleicht bemerkst du dann zum ersten Mal, wie deine Gedanken in deinem Kopf umherschwirren und in deinem Körper Gefühle auslösen. Wenn wir mehr spüren, was in uns passiert, geht das dann auch bald damit einher zu spüren, was außerhalb von uns passiert, und wir können folglich auch die Verbindung und Wechselwirkung von Innen und Außen erkennen.
Dieses Bemerken ist schon Achtsamkeit. Im stillen Verweilen erfolgt zunächst keine aktive Reaktion. Damit schaffen wir schon Raum zwischen Reiz und Reaktion.
Wenn Meditationspraxis allerdings eine Ausrichtung auf eine rein geistige Welt hat und wir damit versuchen, irgendwelche „spirituellen“ Zustände in uns zu erreichen, dann kann sie das Abschneiden von uns und von der Welt außerhalb von uns verstärken. Sie ist damit nicht hilfreich bei der Auflösung innerer Identifikationen und unterstützt somit auch nicht einen Heilungsprozess.